Ernteausfälle, überflutete Flughäfen, ausbleibende Touristen: In einer neuen Studie rechnen die Unternehmensberater von McKinsey die Folgen der Erderwärmung für die Volkswirtschaften durch. Die Ergebnisse sind verheerend.

Besonders betroffen ist Indien. Dort werde ungefähr die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts unter freiem Himmel erwirtschaftet – mit gravierenden Konsequenzen: Wachsende Hitze und Luftfeuchtigkeit machten die Arbeit draußen immer öfter unerträglich. Diese Entwicklung würde Indien bis 2030 etwa 2,5 bis 4,5 Prozent an Wirtschaftsleistung kosten, schätzen die Berater.
Doch Indien ist nicht allein. Weltweit schränkten Hitze und Luftfeuchtigkeit das Arbeitspensum ein, das sich unter freiem Himmel erledigen lasse, heißt es in der Studie. Die Ausfälle werden sich nach McKinsey-Schätzung von heute zehn Prozent auf 15 bis 20 Prozent im Jahr 2050 nahezu verdoppeln. Stiegen die Emissionen weiter wie bisher, lebten bereits in zehn Jahren 250 bis 360 Millionen Menschen in Regionen, in denen tödliche Hitzewellen drohten; bis 2050 könnte die Zahl auf 700 Millionen bis 1,2 Milliarden wachsen. Betroffen sind neben Indien Länder wie Pakistan, Bangladesch und Nigeria. Solche widrigen Bedingungen beeinträchtigten insbesondere Landwirtschaft, Bergbau und Bauindustrie. In diesen Sektoren seien bis 2050 jährlich im Schnitt vier bis sechs Billionen Dollar Umsatz weltweit gefährdet.

In regionalen Fallstudien untersucht der McKinsey-Bericht die vielfältigen Konsequenzen des Klimawandels:

  • So leiden etwa der Tourismus und die Lebensmittelproduktion am Mittelmeer, wenn 2050 die klimatischen Bedingungen in Marseille denen von Algier heute ähneln. In der mediterranen Region zieht sich dann die Trockenheitsperiode im Schnitt über mehr als sechs Monate im Jahr hin. Das Risiko von Ernteausfällen steigt weltweit. Zum Ausgleich bedarf es zusätzlicher Speicher, die Kosten dafür veranschlagt der Bericht mit jährlich fünf bis elf Milliarden Dollar.
  • Die Gefahr durch Wirbelstürme und Flutwellen könnte den Wert exponierter Immobilien im US-Staat Florida bis 2050 um 30 Prozent reduzieren.
  • Die Erwärmung der Ozeane könnte den Fischfang bis 2050 um acht Prozent verringern und die Lebensgrundlage von 650 bis 800 Millionen Bürgern weltweit beeinträchtigen.
  • Ein Viertel der Top-100-Flughäfen liegt weniger als zehn Meter über dem Meeresspiegel und könnte laut Studie „ernsthaften Gefahren“ durch Flut und Sturm ausgesetzt sein. Zudem würden circa 185.000 Passagiere pro Jahr bis 2050 hitzebedingt ihren Flug nicht antreten können.

Auch der Wirtschaftsstandort Deutschland wird laut Studie den Klimawandel zu spüren bekommen, wenn auch in geringerem Ausmaß als andere Regionen. Als Exportnation sei Deutschland abhängig von funktionierenden Lieferketten, so McKinsey-Berater Engel. Sie könnten durch Wetterextreme beeinträchtigt werden; betroffen sei zum Beispiel die Belieferung der Industrie mit Halbleitern oder mit Seltenen Erden.

Insgesamt verändere der Klimawandel die Anforderungen an Unternehmen grundlegend, sagt Engel. Bislang hätten sie vor allem auf steigende Effizienz gesetzt. Jetzt müssten sie zusätzlich auf Resilienz achten, also ihre Widerstandsfähigkeit, um Klimafolgen zu bewältigen.

Manche Regionen oder Sektoren haben laut der Studie indes auch die Chance, vom Klimawandel zu profitieren. So könnten in Kanada, Russland und Teilen Nordeuropas mit steigenden Temperaturen die Ernteerträge steigen. Auch dürften einzelne Branchen, zum Beispiel Hersteller von Klimaanlagen, mit einer höheren Nachfrage rechnen: Die Marktdurchdringung von solchen Geräten liegt in Indien laut McKinsey gegenwärtig erst bei zehn Prozent.

Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/mckinsey-studie-zum-klimawandel